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Claus Leo Claus

Marketingexperte bei JTL

Veröffentlicht am: 5. Januar 2016

EU-Verordnung zur Online-Streitbeilegung (OS) – Infopflicht für Shopbetreiber ab 09.01.2016

Das neue Jahr 2016 empfängt alle in der EU ansässigen Online-Händler mit einer Rechtsänderung. Ab dem 9. Januar 2016 tritt die EU-Verordnung Nr. 524/2013 zur Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten in Kraft. Damit verbunden sind neue Informationspflichten für Shopbetreiber, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge mit Verbrauchern schließen (B2C). Über die Hintergründe und Neuerungen sowie die konkreten Maßnahmen, die ihr bis zum Wochenende in euren Online-Shops umsetzen solltet, möchten wir euch in diesem Beitrag informieren.

Hintergründe zu den neuen gesetzlichen Regelungen

Die EU-Kommision hat zur Begründung ihrer Gesetzesinitiative im Jahr 2013 folgendes festgestellt und ausgeführt:

Im Jahr 2010 stieß jeder fünfte Verbraucher in der EU beim binnenmarktinternen Erwerb von Waren oder Dienstleistungen auf Probleme; der dadurch entstandene finanzielle Schaden wird auf 0,4 % des gesamteuropäischen BIPs geschätzt. Nur sehr wenige der betroffenen Verbraucher versuchten und schafften es, ihre Ansprüche durchzusetzen. Schätzungen zufolge könnten Verbraucher in der EU mithilfe gut funktionierender und transparenter alternativer Streitbeilegungsverfahren 22,5 Mrd. EUR pro Jahr sparen; dies entspricht 0,19 % des BIP der EU.

EU-Kommision

Entsprechend wird nun 2016 europaweit ein neues System eingeführt, das Möglichkeiten und Verfahren bietet, Streitigkeiten aus Verbrauchergeschäften außergerichtlich beizulegen. Die Teilnahme an diesem neuen Schlichtungsverfahren ist für alle Beteiligten freiwillig und somit auch für die Online-Händler nicht verpflichtend (wohl aber die Informationspflicht hierzu, siehe nachfolgend!).

Die EU-Kommission geht davon aus, dass mit den neuen Regelungen nicht nur Verbraucherrechte gestärkt, sondern auch für Online-Händler Möglichkeiten geschaffen werden, durch ihre Teilnahme an der neuen Verbraucherschlichtung ihren Kundenservice zu verbessern und sich positiv von der Konkurrenz abzuheben.

Angesichts der mit der Streitschlichtung verbundenen, nicht unerheblichen Kosten, die in der Regel vom Unternehmer zu tragen sind, darf jedoch in Zweifel gezogen werden, inwieweit ein solches freiwilliges Streitschlichtungsangebot für den Händler tatsächliche Vorteile bietet.

Das wird kommen: Plattform zur Streitbeilegung und Streitschlichtungsstellen

Konkret sieht die von der EU beschlossene und durch Rechtsakte an die Mitgliedsstaaten vorgegebene Gesetzesänderung die Schaffung von zwei maßgeblichen Instrumenten vor:

1. Die Bereitstellung einer Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) durch die EU.
Diese OS-Plattform soll eine interaktive Website sein und als zentrale Anlaufstelle für Verbraucher und Händler dienen, die aus Online-Rechtsgeschäften entstandene Streitigkeiten außergerichtlich beilegen möchten. Über mehrsprachig verfügbare Online-Formulare können hier entsprechende Beschwerden eingereicht werden, die an die zuständigen Stellen zur alternativen Streitschlichtung (siehe: Punkt 2) weitergeleitet werden. Unabhängig von seiner Teilnahme an der alternativen Streitschlichtung muss der Online-Händler einen leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform auf seiner Website setzen (siehe nachfolgend: Das ist jetzt zu tun …).

2. Die Schaffung von unabhängigen Streitschlichtungsstellen für eine Alternative Streitschlichtung (AS) durch die Mitgliedsstaaten.
Diese AS-Stellen müssen gemäß der Richtlinie und hinsichtlich des Streitbeilegungsverfahrens fachlich kompetent sowie unparteilich, unabhängig und transparent besetzt werden. Die Einhaltung dieser Anforderungen muss von staatlichen Stellen geprüft werden.

Nähere Details und Anforderungen zum Streitbeilegungsverfahren werden hierzulande im sogenannten Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) geregelt, welches am 03. Dezember 2015 vom Deutschen Bundestag verabschiedet wurde. Nach der zu erwartenden Zustimmung des Bundesrates im Laufe der kommenden Wochen und einer anschließenden Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erlangt dieses Gesetz seine Rechtsverbindlichkeit hinsichtlich etwaiger Informationspflichten jedoch erst frühestens im März 2017. Lest hierzu bitte den letzten Abschnitt in diesem Beitrag (siehe nachfolgend: Das wäre später zu ergänzen …).

Resultierende Informationspflichten für Shopbetreiber

Sowohl die EU-Verordnung als auch das neue Verbraucherstreitbeilegungsgesetz bringen einige Informationspflichten für Online-Händler mit sich. Wir zeigen euch nun auf, welche dieser Pflichten ihr unmittelbar erfüllen solltet und welche euch unter Umständen später noch erwarten werden.

Ganz unabhängig von eurer Entscheidung am alternativen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen oder nicht, seid ihr als B2C-Händler mit Inkrafttreten der EU-Verordnung am 09. Januar 2016 verpflichtet, einen Link von eurer Website zur neuen OS-Plattform zu setzen. Bizarr: Die neue OS-Plattform existiert noch gar nicht und wird voraussichtlich erst ab dem 15. Februar 2016 zur Verfügung stehen, wie die EU-Kommission hier mitteilte.

Auch wenn es fraglich ist, ob ohne existierenden Link überhaupt ein Wettbewerbsverstoß vorliegen kann, solltet ihr sichergehen und zwischenzeitlich folgenden Hinweis in euren Shop aufnehmen. Wie der Shopbetreiber-Blog in seinem Beitrag vorschlägt, nutzt ihr dafür bitte euer Impressum oder eure AGB unter dem Punkt „Beschwerdeverfahren“:

Die Europäische Kommission stellt demnächst eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit. Den Link werden wir an dieser Stelle veröffentlichen, sobald die Plattform existiert.”

Wichtig: Sobald der Link existiert, müsst ihr diesen Hinweis unmittelbar anpassen, um der Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung vorzubeugen.
Notiert euch deshalb bitte unbedingt den 15. Februar 2016 als voraussichtlichen Termin zur Linksetzung. Alternativ versorgt euch unser JTL-Facebook-Kanal rechtzeitig mit einer nötigen Erinnerung zur Anpassung.

Das wäre später zu ergänzen: Sogenannte „Allgemeine Informationspflichten“

Mit Inkrafttreten des genannten Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) werden weitere Informationspflichten für den Online-Handel wirksam. Je nach Zeitpunkt der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt sind diese Pflichten allerdings erst ein Jahr später und somit frühestens im März 2017 zu erfüllen.

Gemäß des Gesetzentwurfes sind die Unternehmer von der Informationspflicht ausgenommen, die am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hatten. Das bedeutet, dass Unternehmer mit Beginn des Kalenderjahrs prüfen müssen, ob sie überhaupt zur Einstellung weiterer Informationen auf ihrer Webseite oder zur Information zusammen mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verpflichtet sind.

Der Gesetzentwurf unterscheidet dann zwischen den allgemeinen Informationen und solchen Informationen, die erst nach Entstehung einer Streitigkeit zu erteilen sind und entsprechend auch nur für die Händler gelten, die am Streitbeilegungsverfahren teilnehmen werden.

Zu den „Allgemeinen Informationspflichten“ wird es auf Grundlage des Gesetzentwurfs gehören, dass ihr die Verbraucher auf eurer Website davon in Kenntnis setzt, inwieweit ihr bereit oder verpflichtet seid, am Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Erst wenn dies der Fall ist, kommen weitere Informationspflichten zum Tragen.

Sobald der endgültige Gesetzestext zum VSBG vorliegt und rechtzeitig bevor ihr mögliche Shop- oder AGB-Anpassungen vornehmen müsst, werden wir euch selbstverständlich hier im Blog über das notwendige Vorgehen informieren. Beachtet dabei bitte auch, dass es sich bei unseren Ausführungen in diesem und auch in kommenden Blogbeiträgen um keine Rechtsberatung handelt.

Für weitere Informationen zum Thema haben wir euch bereits auf den Shopbetreiber-Blog verwiesen. Eine sehr ausführliche und differenzierte Darlegung findet ihr auch in dem Beitrag der IT-Recht Kanzlei aus München.

Besten Dank für eure Aufmerksamkeit!



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